Das erste Chiemgauer Literaturfestival war vor allem eine Werkschau und ein interessanter Querschnitt der Autorenszene im Chiemgau. Die Besonderheit der Lesung war, dass jeweils ein erfahrener Autor zusammen mit einer Schülerin, einem Schüler als Lesepaar gemeinsam auf der Bühne auftraten. Dass so manche Texte der Lesepaare sich auch noch thematisch ergänzten ist der klugen Vorbereitung zu verdanken. Spannend wurde diese Gegenüberstellung auch stets dann, wenn der Zuhörer ahnte, dass mancher Schülertext qualitativ den des Lesepaten übertraf.
Ein weiteres Novum des Literaturfestivals war es, dass es ein erstes Mal gelungen war, ein knappes Dutzend der hiesigen Autor/innen zusammenzuführen, die gemeinsam halfen, Brötchen zu belegen, den Büchertisch gestalteten und beim Ablauf des Abends mithalfen.
Was bietet die Chiemgauer Literaturszene derzeit?
Bemerkenswert war, dass sich einige der Schüler/innen gleich an das große Thema Roman heranwagten. Julia Springer und Marcel Fuchs lasen aus ihren dystopischen Projekten „Vates“ bzw. Gallows Edge vor. Ihre Lesepartnerin war Meike K. Fehrmann, deren Erstlingsroman, Jahre nach seinem Erscheinen, inzwischen von Publikum und Theater neu entdeckt wurde. Zu Recht, wie sie in ihrer eindrucksvollen Lesung bewies. „Warum Herr Hagenbeck sterben muss“ ist das derzeit heißeste Jugendbuch im Chiemgau.
Michael Inneberger ist der eigentliche Vater der heutigen Chiemgauer Literaturszene. Seinem geschickten Netzwerken ist es zu verdanken, dass es in Traunstein seit nun fast acht Jahren ein regelmäßiges Treffen von Autoren gibt. Dass auch sein Sohn schreiben kann, bewies das Vater-Sohn Lesepaar: Markus Inneberger las aus seiner ausgezeichneten Kurzgeschichte „Traumwelten“. Vater Michael präsentierte ein erstes Mal einen Auszug aus seinem Science Fiction Jugendroman „Steve Hudson – Mission X3X7“
Als nächstes Lesepaar las Annalena Plereiter „Stimmen der Zukunft“ und die Lyrikerin Sabine Rosenberg Gedichte unter dem Titel „Als meine Seele Flügel bekam“
Einige der Schülerinnen des Chiemgau-Gymnasiums präsentierten ihre im Maximum Traunreut entstandenen Kurzgeschichten: Sie hatten sich von den Kunstwerken inspirieren lassen. Neben Organisator Robert Gapp, der einige seiner beliebten in Mundart verfassten Moralstücke vortrug, las Marie Reiter ihren Text „Die Reise zu mir selbst“.
Einer der Höhepunkte war die Lesung der Schülerin Ann-Sophie Schneider. Sie hatte sich im Maximum von Uwe Laußens Werk „Teppich und Tapete“ inspirieren lassen. Ihre Kurzgeschichte war nicht nur filigran geschrieben, Ann-Sophie las ihren Text eindrucksvoll und wob einige schauspielerische Elemente mit ein. Theatererfahrung kam diesem Auftritt definitiv zu Gute. Da konnte nicht mal Bernhard Straßer mithalten, der aus seinem Roman „Sterne sieht man nur bei Nacht“ las und sichtlich beeindruckt von seiner Lesepartnerin war.
Das finale Paar bildeten Mathias Wallner und Nora Berger. Wallner schloss den Kreis der Schülertexte mit einem erneut dystopischen Text über „7 Milliarden“ und Nora Berger, die zu den bekanntesten Autorinnen der Region gehört, las aus ihrem neuen Roman „Ein verhängnisvoller Abend in Paris.
Nach dem Text und Ton 2015 nun das 1. Literaturfestival. Die Literaturszene Traunstein hat erste Schritte zu einer engen Vernetzung von Nachwuchs und Profiautoren gemacht, eine spannende Reise steht bevor.