Herr Fischer und seine Frau

Ein modernes Märchen über den Immobilienwahnsinn

Eine moderne Variante des Märchens "Der Fischer und seine Frau" der Gebrüder Grimm. Eine moderne Märchensatire. Herr Fischer ist ein bescheidener Beamter, der mit seiner Frau in einer kleinen Wohnung lebt. Doch seine Frau träumt von einem luxuriösen Leben und drängt ihn, immer mehr zu riskieren. Werden sie ihr Glück finden oder alles verlieren?

Herr Fischer und seine Frau

...deren Makler und Herr Huber von der Raiffeisenbank

Eines Tages sagte Herr Fischer zu seiner Frau: "Liebe Frau, Du weißt doch, dass ich derzeit im Amt einige diffizile Finanzangelegenheiten bearbeite.“ 

"Ja", sagte die Frau. Du bist zwar leider nur ein unbedeutender Beamter, aber ich weiß, dass Deine Arbeit Gewicht hat."

"Heute konnte ich Herrn Butt, einem Immobilienmakler und Herrn Huber von der Raiffeisenbank einen Gefallen tun. Sie haben mir beide angeboten, mich an sie zu wenden, wenn sie auch mir einen Gefallen tun könnten."

"Das trifft sich ja gut", sagte die Frau von Herrn Fischer. "Vielleicht hat ja Herr Butt eine schöne Wohnung für uns. Dann könnten wir endlich zusammenziehen."

Herrn Fischer leuchtete dies ein und er rief gleich am nächsten Tag bei Herrn Butt an. 

"Das ist gar kein Problem", sagte Herr Butt. „Ich habe gerade eine schöne Wohnung in der Altstadt im Angebot. Zwei Zimmer und Balkon, die Miete ist in Ordnung und für eine kleine Provision können Sie sofort einziehen!“

Herr Fischer erzählte dies seiner Frau und sie war begeistert.

„Aber liebe Frau, wir haben kein Geld für die Provision.“

„Dann ruf doch Herrn Huber von der Raiffeisenbank an. Du hast noch etwas gut bei ihm. Er wird Dir einen Kredit geben.“

Also rief Herr Fischer am nächsten Tag bei der Raiffeisenbank an. 

„Lieber Herr Huber, meine Frau möchte in eine schöne Altstadtwohnung ziehen. Sie wissen ja, wie die Frauen so sind. Würde die Raiffeisenbank mir einen Kredit gewähren?“

„Herr Fischer, Sie haben mir einen Gefallen getan und ich halte mein Wort. Sie bekommen den Kredit und können bereits morgen in die schöne Altstadtwohnung einziehen.“

Herr Fischer und seine Frau lebten einige Monate glücklich und zufrieden in ihrer Altstadtwohnung. Eines Tages sagte die Frau von Herrn Fischer: „Die Altstadtwohnung ist zwar schön, aber die zwei Zimmer sind recht eng. Und wenn wir bald heiraten wollen, dann müssen wir uns etwas Größeres kaufen. Herr Butt hätte uns gleich eine Eigentumswohnung vermitteln sollen.“ 

„Aber liebe Frau, wir wohnen mitten in der Stadt und zwei große Zimmer sind doch genug für uns beide.“ 

„Ach was, wir zahlen Monat für Monat Miete. Die kann man doch auch in etwas Eigenes investieren. Geh nur zu Herrn Butt, der hat schon was für uns!“

Also vereinbarte Herr Fischer wieder einen Termin beim Immobilienmakler Butt.

„Das ist ja überhaupt kein Problem!“, rief Herr Butt. „Ich habe gerade eine schöne Eigentumswohnung im Nachbardorf im Angebot. 120 Quadratmeter, Dachgeschoss, zwei Balkone. Wunderschön! Und kostet nur einen Pappenstiel. Für 3,75% Provision gehört sie morgen schon ihnen!“

Herr Fischer erzählte dies seiner Frau und sie war begeistert. 

„Aber liebe Frau, woher nehmen wir das Geld für den Kaufpreis und die Provision?“

„Ruf doch Herrn Huber von der Raiffeisenbank an. Du hast ihm einmal einen Gefallen getan. Er wird Dir den Kredit schon geben.“

Am nächsten Tag sprach Herr Fischer bei der Raiffeisenbank vor.

„Lieber Herr Huber, sie wissen ja, wie die Frauen so sind. Meine Frau möchte keine Miete mehr zahlen und in eine schönere, größere Wohnung ziehen.“ 

Als er Herrn Huber die Summe nannte, die er benötigte, lief dieser etwas rötlich im Gesicht an.

„Herr Fischer, sie haben mir einen Gefallen getan und ich halte mein Wort. Sie bekommen den Kredit und können bereits morgen einen Notartermin vereinbaren.

 

Herr Fischer und seine Frau lebten einige Monate glücklich und zufrieden in ihrer schönen großen Dachgeschosswohnung im Nachbardorf. Eines Tages sagte die Frau von Herrn Fischer: „Unsere Dachgeschosswohnung ist zwar schön. Aber wenn wir bald Kinder haben werden, ist sie nicht groß genug. Und einen Garten hat sie auch nicht. Wir brauchen unbedingt ein Häuschen mit Garten. Herr Butt hätte uns gleich ein Haus vermitteln sollen.“ 

„Aber liebe Frau, wir wohnen in einer schönen, großen Wohnung im Grünen. Vier Zimmer sind doch auch für eine Familie groß genug.“ 

„Ach was, wo sollen die Kinder denn im Sommer spielen? Wir brauchen unbedingt einen Garten. Außerdem will ich nicht mehr auf dem Land leben, ich will wieder zurück in die Stadt. Geh nur zu Herrn Butt, der hat schon was für uns!“

Also vereinbarte Herr Fischer wieder einen Termin beim Immobilienmakler Butt.

„Das ist ja eine großartige Idee!“, schrie Herr Butt. „Der Euro steht kurz vor dem Crash, da müssen Sie unbedingt in Land investieren! Ich habe gerade eine schöne Doppelhaushälfte in Stadtrandlage im Angebot. 160 Quadratmeter Wohnraum. 330 Quadratmeter Garten. Nicht mehr ganz neu, aber zu einem unschlagbaren Preis trotz der hohen Immobilienpreise. Und für nur 3,75% Provision gehört sie morgen schon ihnen!“

Herr Fischer erzählte dies seiner Frau und sie war begeistert.

„Aber liebe Frau, das Haus kostet ein Vermögen, woher nehmen wir das Geld für den Kaufpreis und die Provision? Und woher das Geld für eine Renovierung?“

„Ach was, das kriegen wir schon von der Raiffeisenbank. Geh gleich morgen zu Herrn Huber, der regelt das schon.“

Am nächsten Tag sprach Herr Fischer bei der Raiffeisenbank vor.

„Lieber Herr Huber, die Zinsen sind günstig und meine Frau wünscht sich, ein Haus mit Garten zu kaufen. Sie wissen ja, wie Frauen so sind.“ 

Als Herr Fischer den Betrag nannte, den er für den Hauskauf benötigte, lief Herr Huber krebsrot im Gesicht an. Keuchend sagte er: „Herr Fischer, sie haben mir einen Gefallen getan und ich halte mein Wort. Sie bekommen den Kredit und können bereits morgen die Reservierung beim Makler unterschreiben.“

 

Herr Fischer und seine Frau lebten einige Monate glücklich und zufrieden in ihrer schönen großen Doppelhaushälfte mit Garten am Stadtrand. Eines Tages sagte die Frau von Herrn Fischer: „Unser Garten ist zwar schön, aber der Rest des Hauses ist renovierungsbedürftig. Außerdem stört es mich, dass unsere Doppelhaushälfte an ein anderes Haus anliegt. Ich möchte ein neues Haus haben. Ein freistehendes mit einem großen Garten, nicht so einem kleinen.

Herr Fischer stöhnte. „Aber liebe Frau, das Haus ist groß genug für mehr als zwei Kinder. Und kleinere Renovierungsarbeiten können wir selber vornehmen.“

„Es ändert nichts daran, das Haus ist alt und der Garten ist viel zu klein. Ich möchte ein neues, großes Einfamilienhaus im Neubaugebiet bauen!“

„Aber liebe Frau, komm doch zur Vernunft! Wir sind jetzt schon bis an unser Lebensende verschuldet. Und die Zinsen steigen und steigen! Wir können uns das unmöglich leisten!“

Als er den kalten Blick seiner Frau sah,, zuckte er mit den Schultern und sagte schließlich: „Schon gut. Ich rede mit Herrn Butt.“

Herr Butt zählte gerade einige Geldscheine und schaute Herrn Fischer gar nicht erst an. „Sie wollen bauen? Fantastisch!“, murmelte er und schob ihm den Prospekt mit den aktuellsten Neubauprojekten rüber.

Herr Fischer wartete gar nicht ab, was seine Frau sagte und ging gleich zur Raiffeisenbank.

Herr Huber war kurz vor dem Hyperventilieren. „Sie haben einen Kredit, bei dem Sie die nächsten zehn Jahre keinen Cent werden tilgen können, sie haben ihre Wohnung trotz wachsender Immobilienblase weit unter Wert verkaufen müssen und die Zinsen haben sich zuletzt verdoppelt! Selbst wenn sie es schaffen würden, ein Grundstück zu finanzieren, wie wollen Sie bei diesen Baupreisen einen Rohbau bezahlen?“ Herr Huber redete sich in Rage und lief immer roter im Gesicht an. 

„Lieber Herr Huber, sie haben doch selbst eine Frau. Sie müssen mir bitte, bitte helfen, ein Einfamilienhaus im Neubaugebiet zu finanzieren! Ich flehe Sie an! Ich hab doch schon den Kaufvertrag unterschrieben!“

Herr Huber sprang auf und schrie so laut, dass es im gesamten Gebäude der Raiffeisenbank zu hören war: „Sie haben mir einst einen Gefallen getan und ich habe mich Ihnen so gut es geht erkenntlich gezeigt!“, brüllte er Herrn Fischer an. „Sie haben nur mit viel, viel Glück Ihre Zinsen bisher bezahlen können! Wie stellen Sie sich das vor, bei den heutigen Immobilienpreisen ein Einfamilienhaus zu bauen?“

Draußen zog ein Sturm herauf und brauste gegen die Fenster der Raiffeisenbank. Der Himmel war ganz pechschwarz und es donnerte und blitzte. 

„Aber meine Frau wünscht es sich so! Ich bitte sie nur um diesen einen letzten Gefallen!“, schrie Herr Fischer gegen den Sturm an. 

„Geh nur hin!“, sagte Herr Huber und gab ihm den Kredit. 

Einige Monate später hatte Herr Fischer die Doppelhaushälfte verkauft. Durch den Einbruch der Immobilienpreise reichte das Geld nicht im Ansatz, um die bisherigen Schulden zu tilgen. Am Ende hatten Herr Fischer und seine Frau nicht einmal das Geld übrig, um sich das Grundstück im Neubaugebiet zu kaufen. Sie kehrten in ihre kleine Mietwohnung in der Stadt zurück und verbrachten den Rest ihrer Tage damit, hart zu arbeiten, um die angehäuften Schuldzinsen zu tilgen. 

 

Ende


Mögliche Interpretation:

 

Die Geschichte "Herr Fischer und seine Frau" ist eine moderne Adaption des klassischen Märchens "Der Fischer und seine Frau" und setzt sich kritisch mit dem Thema Immobilienwahnsinn und der menschlichen Gier auseinander. Herr Fischer, ein bescheidener Beamter, wird von seiner Frau gedrängt, immer größere Risiken einzugehen, um ein luxuriöseres Leben zu führen. Diese Dynamik reflektiert die menschliche Tendenz, ständig nach mehr zu streben, ohne die Konsequenzen zu bedenken.

Die Geschichte beginnt harmlos mit dem Wunsch nach einer besseren Wohnung, eskaliert jedoch schnell in den Kauf einer Eigentumswohnung und schließlich eines Hauses. Jeder Schritt in Richtung "mehr" wird von der Frau von Herrn Fischer getrieben, die nie zufrieden ist mit dem, was sie haben. Ihre Unzufriedenheit und ständigen Forderungen nach mehr spiegeln eine tief verwurzelte Unruhe und das Streben nach Status und Anerkennung wider.

Die Rolle von Herrn Fischer ist besonders bemerkenswert. Obwohl er anfangs zögert, gibt er letztendlich den Wünschen seiner Frau nach, was seine eigene Anfälligkeit für die Versuchungen des materiellen Gewinns und sozialen Aufstiegs zeigt. Die Geschichte illustriert, wie leicht Menschen durch externe Einflüsse und den Druck der Gesellschaft beeinflusst werden können.

Die Interaktionen mit dem Immobilienmakler und dem Bankangestellten unterstreichen die oft skrupellose Natur des Immobilienmarktes und der Finanzwelt, wo Profit oft über ethische Überlegungen gestellt wird. Diese Charaktere sind Symbole eines Systems, das das Streben nach mehr fördert und Menschen in finanzielle Schwierigkeiten treibt.

Das tragische Ende, bei dem Herr Fischer und seine Frau alles verlieren und in ihre kleine Mietwohnung zurückkehren müssen, dient als mahnendes Beispiel für die Gefahren der Gier und des übermäßigen Strebens nach materiellem Gewinn. Es zeigt, dass das Streben nach immer mehr oft zu einem Verlust führt, sowohl finanziell als auch hinsichtlich des persönlichen Glücks und der Zufriedenheit.

Insgesamt bietet die Geschichte "Herr Fischer und seine Frau" eine kritische Reflexion über den modernen Immobilienwahnsinn, menschliche Gier und die Konsequenzen, die aus unkontrolliertem materiellen Verlangen resultieren können. Sie warnt davor, dass das Streben nach immer mehr letztendlich zu Verlust und Unglück führen kann.

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Herr Fischer und seine Frau
Moderne Variante des Märchens "Der Fischer und seine Frau"
Bernhard Straßer - Herr Fischer und sein
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Kommentare: 2
  • #2

    Herr Fischer (Samstag, 20 April 2024 14:04)

    Lieber Herr W - meine Frau hat mich aufgefordert, mich bei Ihnen zu melden. Ich suche tatsächlich einen Kredit in Höhe von exakt 500.000.000 Euro. Überweisen Sie dann direkt auf mein Girokonto bei der Raiffeisenbank?

  • #1

    GERARD W (Freitag, 19 April 2024 08:10)

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