Mit den Kindern auf der Leipziger Buchmesse

Es gibt Katastrophen für die man sich so sehr schämt, dass man sie nie und nimmer jemanden erzählen würde. Außer man ist Schriftsteller und schreibt ein Elterntagebuch, dessen Leser nur so danach dürsten, endlich wieder von neuen chaotischen Krisen aus dem ganz normalen Elternalltag zu lesen. Diesmal habe ich als Papa ausgerechnet zum Buchmessen-Wochenende den absoluten Familien Super-GAU verursacht.

Wie ich diesmal meine Familie um ein Haar ins Elend gestürzt hatte? Was kann schlimmer sein, als sich selbst und die Kinder in einen Feuerball aufgehen zu lassen? Nein, ich trau mich gar nicht, es Euch zu erzählen, zu sehr schäme ich mich. Deshalb berichte ich erst einmal von der Buchmesse:

Diesmal haben wir unser Wochenende auf der Leipziger Buchmesse von langer Hand geplant. Damit die Familie genug Energie für den aufreibenden Messetag hat, hatten wir uns ins Schloss-Hotel Wurzen eingemietet. Die Kinder freuten sich seit Wochen auf zwei Nächte in der Ritterburg. Bastian hatte seinem Freund Jonathan als Hausaufgabe sogar einen Brief geschrieben, in dem er schwärmte, dass es in der Burg sogar eine echte Ritterrüstung geben sollte!

 

Als wir am Samstag Richtung Buchmesse fuhren, war die Stimmung, anders als geplant, im Keller. Alle übermüdet. Die Kinder enttäuscht. Die Mama stinksauer. Auf mich. Ich verdrängte, was geschehen war und versuchte, die Familie für die Buchmesse zu begeistern: „Vielleicht treffen wir sogar Denis Scheck!“ Eisige Blicke vom Beifahrersitz. Die Kommentare von hinten: „Ich hab Hunger!“

Die Stimmung sackte beim Zahlen des Eintritts noch einmal kurz in den Keller. Spätestens, als wir Halle 2 (Kinder und Fantasy) betraten, hellte sich die Stimmung der Kinder auf: Sie wurden schon am Eingang mit Süßigkeiten bestochen. Und sollten im Laufe des Tages einen ganzen Sack voller Süßigkeiten ansammeln, geschweige denn den Tonnen von Bonbons, die sie gleich an Ort und Stelle verputzt hatten. Die Leipziger Buchmesse ist in Wirklichkeit eine Zuckerschock-Messe. Und das in der Fastenzeit! Während die Mama als Rache am Papa ein halbes Dutzend Abonnements von Wissensmagazinen für Kinder abschloss und alle, wirklich ALLE Werbegeschenke abstaubte, entdeckten die Kinder am Leo (sic!)-Stand der Zeit einen Clown, der Luftballons biegen konnte. „Was wollt ihr? Einen Dackel oder ein Schwert?“ Was für eine blöde Frage. Minuten später sprangen zwei wildgewordene, unter Zuckerschock stehende Jungs, mit Luftballonschwertern bewaffnet durch die Messehalle und bedrohten die erschrockenen Messebesucher. Dann verwandelten sich die beiden in Polizisten und sperrten kurzerhand den Mittelgang der Halle 2 ab. Als ich sie am Abend fragte, was am schönsten gewesen war, nannten sie genau dies: „Dass wir Polizisten waren und eine Schranke gebaut haben.“ Ob es für die anderen Messebesucher auch der Höhepunkt des Tages war, sei dahingestellt. 

Natürlich waren auch die vielen Cos-Player wieder ein Highlight für die Kinder. Am besten hatte den Kindern eine Clique gefallen, die sich komplett als das gallische Dorf von Asterix und Obelix verkleidet hatte. Aber auch die vielen Star-Wars Charaktere riefen Begeisterung hervor. Und sogar den roten Ninjago entdeckten sie unter den Besuchern der Comic-Con. Nur von Paw Patrol war leider keiner dabei.

Es gab afrikanische Trommer, es gab Pizza und natürlich gab es Eis. Während sich der Papa (also ich) immer noch in Büßerhaltung eine Lesung von Sasa Stanisic anhörte, tobten die Kinder durch die Chill Out Area, wo zum Glück sehr viele Schaukeln aufgebaut waren.

 

Am späten Nachmittag, als auch Zucker keine zusätzlichen Energien mehr freisetzen konnte, entdeckten die Kinder in Halle 3 neben der Lesung von Franz Müntefering ihren heißgeliebten Doppeldecker-Bus. Den kannten sie noch vom letzten Messebesuch. Und als wäre der Bus nicht allein schon toll genug, konnten sie daneben auf einer Guttenberg-Druckerpresse eigenhändig Karten bedrucken. Es war ein kleines Wunder, dass ich mit zwei seligen Kindern und einer zufriedenen Mama, drei randvolle Tüten schleppend (darin das signierte Buch von Sophie Passmann, in dem über Männer hart abgelästert wird), wieder die Buchmesse verließ.

Wieso? Was war denn eigentlich passiert?

Denn nun kommt es. Anstatt gemütlich ins Schloss Wurzen zurückzufahren, wo wir uns von dem harten Messetag erholen konnten, mussten wir direkt die 6-Stunden Fahrt nach Hause antreten. Und auch am Vortag hatten wir nicht im Schlosshotel Wurzen genächtigt. Als wir nämlich nach der langen Fahrt völlig erschöpft und unendlich erleichtert, wie toll das Hotel ist, einchecken wollten, schüttelte der Hotelangestellte den Kopf. „Wir hätten sie letzten Monat erwartet, Herr Straßer.“ Entsetzte, ungläubige Blicke. Ich zeigte meine Reservierungsbestätigung. „Aber heute ist doch der 22.!“ Der Herr nickt und deutet auf die Reservierung. „Ja, aber Sie haben für den 22. Februar reserviert!“

Die Augen des Herrn schienen zu sagen: „Mutig, ohne Reservierung am Messewochenende hierher zu kommen. Viel Glück noch!“ Die folgenden drei Stunden möchte ich Ihnen, lieber Leser ersparen. Sie waren dem Elterntagebuch würdig und ich kann erleichtert anfügen, dass unsere Ehe doch noch gerettet wurde. Herrn Müller, bei dem ich tief in der Schuld stehe, gelang es irgendwie doch noch, ein Zimmer in einer Pension für uns aufzutun. Der Haken war nur, dass im Zimmer einzig ein kleines Doppelbett stand. In dem wir zu viert schliefen. Oder es versuchten. Der Plan, erholt zur Buchmesse zu fahren, war somit episch gescheitert.

 

Die Pointe – man kann sich nämlich alles, wirklich alles schön reden – lautete am Ende: Wenn ich mich nicht verbucht hätte, hätten wir so kurz vor der Buchmesse wahrscheinlich sowieso kein Zimmer zu dem Preis bekommen und wären nie nach Leipzig gefahren. So waren wir dabei. Und dabeisein ist alles!

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