Das Corona-Tagebuch: Die zweite Welle

Nach den Wochen der Schulschließung und des Lockdowns waren wir alle so coronamüde, dass ich mir geschworen hatte, das C-Wort nicht mehr im Elterntagebuch zu erwähnen. Leser meines Blogs waren wohl auch nicht undankbar, dass ich endlich wieder über Bergwanderungen und Ausflugstipps statt über die Corona-Statistiken und die Widrigkeiten der Einschränkungen des Elternalltags berichtete. Es war ein super Sommer. Aber jetzt schaut es aus, als sei der vorbei. Die Kinder husten, die Schulen sind nervös, die Zahlen steigen. Herzlich Willkommen zurück im Corona-Elterntagebuch Teil 2.

Es ist Mitte Oktober. Während die Kanzlerin in einem flehenden Appell die Bürger dazu aufruft, die Kontakte zu minimieren, demonstrieren bei uns am Stadtplatz viele Freunde und Verwandte gegen die Corona-Beschränkungen. Was soll ich mich darüber aufregen? Hilft mir alles nichts, weil mein Kind krank ist und wir alle Hände voll damit zu tun haben, den Alltag zu regeln: Das kranke Kind bleibt zu Hause, keine Frage. Symptome: Husten. Könnte das Corona sein? Dann müssten wir alle daheim bleiben. Aber der Kleine hat auch Bauchweh. Also auf alle Fälle ein Arzttermin. Sicherheitshalber selber ins Home Office. Was aber machen wir mit dem anderen Kind? Konzentrieren wir uns jetzt auf den Husten oder das Bauchweh? Okay, Kind 2 wird in die Schule geschickt. Ebenfalls mit Bauchweh. Aber mit Bauchweh der Eltern (wegen schlechten Gewissens). Denn: Jeder Schnupfen, jede Erkältung wird derzeit zur Ursache einer staatstragenden Entscheidung. Gefährde ich die anderen Kindergartenkinder, wenn unser Kind Schnupfen hat? Gefährde ich die Schulkinder, wenn der Bruder krank ist, aber höchstwahrscheinlich kein Corona hat? Was, wenn das „höchstwahrscheinlich“ verliert, kommen wir dann auf die Titelseite der Bildzeitung, weil wir einen Superspreader in die Schule geschickt haben? Stopp, jetzt mal raus aus dem Panik-Modus und erstmal abwarten, was der Arzt zu Kind 1 sagt.

Der Panikmodus hatte zu Beginn der Pandemie durchaus seinen Sinn. Man wusste noch zu wenig über das Virus und es schien wichtig, dass jeder einzelne sich an die Maßnahmen hielt. So ein Panikmodus hat aber den Nachteil, dass er sich nach einer Weile abnutzt. (Siehe Klimawandel & Co.) Vielleicht muss man es den Medien tatsächlich zum Vorwurf machen, dass sie den Panikmodus auch den gesamten ruhigen Sommer über auf Höchststufe aufgedreht gelassen hatten. Denn spätestens jetzt, da auch die Zahlen-Experten meiner medizinisch ausgebildeten Verwandtschaft erkennen sollten, dass die Zahl der an Covid-19 akut Erkrankten steigt, jetzt würde es tatsächlich Sinn machen, wenn man die Bevölkerung sensibilisieren könnte. Aber die Mehrheit – zumindest bei uns im ländlichen Raum - -ist derart abgestumpft und genervt von den täglichen Panik-Meldungen, dass sie es vermutlich gar nicht mehr glauben würden, wenn die Zahl der Intensivbetten in Deutschland tatsächlich knapp werden würden. So wenig wie dieselben Leute heute glauben, dass die Regierung jenes Landes, das weltweit bisher mit am besten durch die Corona-Krise gekommen ist (medizinisch und wirtschaftlich) trotz vieler Fehler eine bisher unterm Strich gute Arbeit geleistet hat. (Ich rede hier nicht von Schweden!) Bevor ich den Aufrege-Modus beende, der tut nämlich niemanden gut, hier noch die eine Frage, die ich allen Medizinern, die von meinen Facebook-Freunden derzeit leidenschaftlich geteilt werden, stellen möchte: Einig sind wir uns ja, dass das Coronvirus aufgrund seiner Letalität alles andere als ein Killer-Virus ist. Aber ist die Gefährlichkeit des SARS-Cov-2 nicht die Geschwindigkeit, mit der es sich exponentiell verbreiten kann? Ich weiß nicht warum, aber keiner der Ärzte aus der Region nimmt darauf Bezug. Und ich selbst habe halt nicht Medizin studiert und vielleicht zu viele Drosten / Kekule-Podcasts gehört.

 

Die gute Nachricht zum Schluss: In Traunstein sieht alles derzeit super aus. Inzidenzwert unter 35. Nur 2 Covid-19 Patienten im Krankenhaus. Wie ein gallisches Dorf umgeben von knallrot-eingefärbten Nachbarlandkreisen trotzen wir dem deutschlandweiten Trend. 

Breaking News - Lockdown im Landkreis Berchtesgaden!

Da habe ich mich mit guten Nachrichten zu früh gefreut. Denn die guten Nachrichten beziehen sich leider allein auf den Landkreis Traunstein. Im Laufe des Tages überschlugen sich hier die Nachrichten. Erst schaffte es der Landkreis Berchtesgadener Land auf die Titelseite der Bild-Zeitung (Stichwort Panik-Modus) „Landkreis in Bayern hat Inzidenz-Wert von 252,1! (Und keiner weiß, warum) Nur wenig darauf tritt Ministerpräsident Söder vor die Presse und verkündet für den Landkreis Berchtesgaden den Lockdown. Es geht also alles wieder von vorne los. Ein Grund genug, das Corona-Tagebuch wieder zu reaktivieren.

 

Zum Schluss aber dann doch noch eine gute Nachricht: Meinem Kind geht es wieder besser. Er hat zwar einen Infekt, aber es ist nicht das Virus, das derzeit unseren Alltag bestimmt. Das Leben geht weiter!

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