International Bohemia in der Festung Traunstein

Der dritte Teil der Geschichte der Entstehung der Chiemgauer Bands wie LaBrassBanda und Django 3000. Die komplette Übersicht findest du hier

Die Anfänge von LaBrassBanda

International Bohemia in der Festung
International Bohemia in der Festung

Mitte 2000: Das Café Festung hatte früher einen verruchten Ruf, dunkle Gestalten tummelten sich in den schummrigen winzigen zwei Räumen. Seit einigen Jahren ist Betreiber Udo bemüht, der Festung ein neues Image zu erarbeiten. Weg vom finsteren "Haschischloch" hin zur Keimzelle der Chiemgauer Musik-Avantgarde: Zum Geheimtipp, wo die beste Musik gespielt wird. Gegen die übermächtige Clubkonkurrenz von Metro, Kafka und Sailerkeller hat Udo eine Handvoll kongenialer Musiker und DJs mit einem feinen Gespür für künftige Trends anzubieten. Naked Lunch hat hier gespielt, Sophia oder Readymade. Einer der kreativen Köpfe, die in der Festung auftreten, ist Ex Mole Betreiber Boris, der zusammen mit Andi Auer und weiteren DJs ein innovatives Projekt namens „International Bohemia“ gegründet hat.  

Die Festung von Udo Henning

Eine der damaligen "International Bohemia" Parties - diesmal mit Geiger!
Eine der damaligen "International Bohemia" Parties - diesmal mit Geiger!

Und der Udo hat die Höhle. Was seit Jahren nicht viel mehr war als ein fantastisches Gerücht, eine urbane Legende, wird nach und nach einem größeren Publikum zugänglich gemacht: Bisher behaupteten einige wenige eingeweihte Insider, meist ein Freund eines Freundes, dass es im Fels der Festung ein riesiges Gewölbe gäbe, der alte Eiskeller der früheren Brauerei. Nur einmal im Jahr, an Silvester, fände dort eine illegale Party statt, so hieß es. Und wer eingeladen war, konnte sich zur Eliteszene der Stadt zählen.

Heute ist das Gewöhlbe ein Fester Bestandteil der Partys in der Festung. Damals war die Öffnung, die nach und nach einem immer größer werdenden Publikum zugänglich gemacht wurde, eine Sensation in der Traunsteiner Szene.

Anfang 2006: Seit einigen Monaten wird die Höhle, wie das Gewölbe liebevoll genannt wird, den staunenden Partygängern ab und an zugänglich gemacht. Auch heute.

Es steht „International Bohemia“ auf dem Programm. Es legen auf: DJ Bo-Reece und N-Dee Andi Auer. Ihre Spezialität: Vom Buch „Russendisco“ inspirierter Balkan Beat.

Viele wollen auch einfach nur die Höhle sehen. Kein Brandschutz, keine Fluchtwege, die Höhle, von der es in Hektolitern auf den Boden tropft, hatte in den Zeiten vor der großen Renovierung seinen ganz eigenen legendären Reiz. Einige ahnen bereits, dass die DJs heute etwas besonderes vorhaben.

Noch immer ist der Rotzrock mit den "The" Bands die angesagte Musikrichtung: Strokes, Hives, White Stripes. Die Festung geht einen konträren Weg und setzt auf melodiöse, mit Beat unterlegte osteuropäische Folkloremusik.

Die Musik ist ungewohnt und die Partygäste lauschen gespannt, aber auch zurückhaltend den neuartigen Tönen. Die Neugierde der Zuhörer ist noch schwerer als die Tanzbeine.

Kurz nach Mitternacht passiert etwas Unerwartetes. Die Tür geht auf und zwei junge Männer betreten Trompete spielend, tanzend die Festung. Die Gäste schauen sich verwundert an: Ist das spontan? Gehört das zur Show? Boris und Andi legen Bucovina Dub auf und die beiden Trompeter, junge Musiker namens Stefan Dettl, den man bereits von Bradley’s H kennt, und Manuel Winbeck, bringen in Windeseile die gesamte Festung von der Höhle bis zum Vordereingang zum Toben und zum Tanzen. 

LaBrassBanda
LaBrassBanda

Sie haben dasselbe bereits im Geckos in Übersee geprobt. Auch in Traunstein treffen sie einen Nerv: In einer Polonaise ziehen die Musiker am DJ Pult vorbei in die Höhle, wo noch lange getanzt wird. "Was war das denn?", war ein typischer begeisterter Ausruf an diesem Abend. So etwas hatte es noch nie gegeben und alle, die dabei waren, ahnten bereits, dass sei Teil an etwas Neuem, Großen gewesen waren. Die International Bohemia Parties wurden, ebenso wie die Höhle, zum festen Bestandteil der Festung.

 

Und die Geschichte ging bekanntlich weiter. Der Balkan Trompeter Stefan Dettl tüftelte noch monatelang an einem Konzept, wie man die Wucht des Balkan Beats auch ohne DJs umsetzen konnte. Anfang 2007 war es schließlich soweit: In der Hammerhalle in Rosenheim trat eine bunte Truppe aus Musikern, die meisten Bläser, als erstes Mal als Balkan Beat Brass Band auf. 

Die komplette GEschichte im Überblick:

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Viele der Geschichten rund um die legendären 2000er Jahre in Traunstein kannst du im Popliteratur-Roman "Kleinstadtrebellen" nachlesen. Zum Buch

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Kommentare: 1
  • #1

    jJQaBOcg (Dienstag, 27 September 2022 04:30)

    1