Der Ausbruch

(Teil 1)

An einem herbstlich kühlen Novemberabend versammeln sich viele Familien mit ihren Kindern zu einem friedlichen Lichterfest. Doch sie sind nicht allein. Etwas Dunkles verbirgt sich hinter den Nebelschwaden. Was wird passieren, wenn die unheimliche Bedrohung aus der Dunkelheit tritt?

Erst war es ein wunderschönes Lichtermeer der selbst gebastelten Laternen und der Gesang der Kinder waberte durch den Nebel. Alles war friedlich. Durch die dichten Nebelschwaden war es ein Leichtes auszublenden, dass sie überhaupt da waren. Jeder von uns kannte den Ablauf, jeder wusste, was er zu tun hatte. Der Pfarrer sprach einige Worte. Die bekannten Lieder wurden gesungen. Das Pferd schnaubte und ein Kind weinte, weil sein Licht ausgegangen war. Ein Fest des Friedens und der Solidarität.

Der hoch zu Ross sitzende Mann setzte schließlich sein Pferd in Bewegung und das Klappern der Hufe signalisierte auch den hinten stehenden Gruppen, dass es nun losging. Nur kurz war das volkstümliche Lied aus den hellen Kinderkehlen zu hören, dann wurde der Gesang von plärrenden Megafondissonanzen zerschnitten. Aus dem Nebel, von der anderen Seite, waren die reflektierenden blauen Lichter zu erkennen. Man sah die schwarzen Schemen, die wie in einem düsteren Filmstreifen kurz auftauchten und wieder verschwanden. Die Kinder folgten dem Reiter, Schritt für Schritt bahnte sich das Klappern der Hufe seinen Weg in den Nebel hinein. Diesen Nebel, hinter dem sie sich verschanzt hatten. Die Megafonrufe hallten schrill durch die Dunkelheit. Voller Vertrauen setzten auch wir Erwachsenen uns in Bewegung, den singenden Kindern, dem heiligen Mann auf dem Pferd hinterher. Das Megafongeschrei wurde lauter, fordernder, wütender. Als der Kindergesang verschreckt abzuebben drohte, setzten wir Erwachsene ein. Aus voller Kehle sangen wir, schrien wir nahezu das bekannte Kinderlied, brüllten den Refrain in die schwarze Nacht, dem Nebel entgegen. Jedes einzelne Wort flößte uns Mut ein, weil wir wussten, dass Gott, das Gute schlechthin, alles wofür unsere Kultur stand, auf unserer Seite war. 


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Die dröhnende Megaphonstimme aus dem Neben brüllte etwas von einer letzten Warnung. Die eisige Kälte der Novembernacht lief uns schauernd über unsere Rücken, erinnerten wir uns doch, wer zuletzt in Deutschland so gebrüllt hatte. Im Schein der Laternen sahen wir den Heiligen Mann, wie er seinen Umhang enger um sich schlang. Das Pferd scheute vor den schwer gepanzerten schwarzen Männern, die aus dem Nebel im Stechschritt herausbrachen. Ein Kind begann zu weinen. Das Pferd wieherte. Wieder bellte und schepperte das Megaphon, aggressiv, voll Hass. Wir Erwachsenen sangen noch lauter, überboten uns gegenseitig, versuchten uns im Gesang Halt zu geben. Das Pferd schnaubte, scheute, aber Sankt Martin trieb es tapfer voran. Dann kam der Strahl von der Seite. Die Kinder kreischten entsetzt auf. Sankt Martin wurde vom Wasserstrahl aus dem Sattel gehievt und knallte mit dem Helm auf den Asphalt. Die Kinder stoben auseinander, Geschrei, Laternen fielen zu Boden. Einige begannen zu brennen. Eltern stürzten sich nach vorne, um ihr Kind zu suchen. Wir anderen, die keine Kinder hatten, die nur hier waren wegen der gerechten Sache, hielt nichts mehr zurück. Wir warfen die mitgebrachten Steine auf die Polizisten. Wir zielten auf ihre Masken, sollten sie doch sehen, ob ihre verdammten Masken sie auch davor schützten. Der erste Molotowcocktail traf den gepanzerten Wagen. Während die Eltern ihre Kinder in Sicherheit zu bringen versuchten, stürmten wir von hinten nach vorne, um die Polizisten zu überraschen. Ein Meer an Steinen und Molotowcocktails prasselte auf die Hilfsknechte der Unrechtsdiktatur herab. „Rabimmelrabammelrabumm!“, war längst zu unserem Schlachtruf geworden. Wir schrien ekstatisch „Rabimmelrabammelrabumm!“ Bei jedem Knall, mit jedem der Unterdrücker, der sich in eine Flamme verwandelte, brüllten wir „Rabimmelrabammelrabumm!“ Niemand würde uns unser Sankt Martinsfest verbieten! Niemand würde unsere Kinder zwingen, Masken tragen zu müssen! Niemand würde uns zur Impfung zwingen! Die Revolution hatte begonnen. „Rabimmelrabammelrabumm!“, brüllten wir. Wir würden wieder frei sein! „Rabimmelrabammelrabumm!“

 

Der Ausbruch - Teil 2

Reifen quietschten, als sie die Notaufnahme erreichen. 

"Hier ist ein Schwerverletzter!", schrie der Fahrer. 

Auf dem Beifahrersitz saß ein Mann in einem Kostüm. Die Hose triefend nass. Darüber ein römischen Brustpanzer, ein zerbeulter Helm auf dem Schoß, umklammert von zwei zitternden Händen. Ein roter Umhang um die Schulter gebunden. Das Purpur des Stoffes war durchzogen von dunkleren roten Flecken. Der Kopf und die Wange glänzten ähnlich rot von frischem und geronnenem Blut.

Zwei Sanitäter eilten mit einer Bahre herbei. "Was ist passiert?" 

"Er ist vom Pferd gefallen, hat sich den Kopf aufgeschlagen. Helfen sie dem Mann! Schnell!" 

"Ganz ruhig", beschwichtige der junge Sanitäter den Begleiter. "Wir sind voll. Wir können nur die allerdringendsten Fälle behandeln."

"Sie sehen doch, wie dringend es ist!" Der Mann deutete auf den Verletzten. 

"Wir werden sehen, was wir tun können Wie heißt der Patient denn?" 

"Martin", antwortete der Verletzte.

Die Sanitäter lächelten. "Nicht ihr ernst."

"Sehe ich aus, als arbeite ich als Komiker?", fragte der Kostümierte. 

Sie hievten den Verletzten auf die Bahre. 

"Sie übernehmen die Anmeldung und wir klären inzwischen die Schwere der Verletzungen ab", sagte der Sanitäter und sie verschwanden mit der Bahre im Eingang zur Notaufnahme. 

Überall saßen stöhnende und hustende Menschen. Der lange Gang war bis ganz hinten gefüllt mit Betten, aus Decken lugten bleiche, bang blickende Gesichter hervor. Unterschiedliche Geräte und Schläuche waren mit den Betten verbunden. 

"Was ist denn hier los?", fragte der Verletzte mit schmerzgepresster Stimme. 

"Sie lesen wohl keine Zeitung", entgegnete der bei ihm zurückgebliebene Sanitäter. 

"Sicher nicht", murmelte der Verletzte. 

"Nicht weglaufen, ich schau, ob ein Arzt verfügbar ist." 

"Beeilung bitte. Sie sehen ja, wie es mir geht!" Neben ihm japste ein älterer Herr nach Luft. 

Der Begleiter des Verletzten kehrte zurück. "Es ist alles erledigt. Wenigstens der bürokratische Kram. Wurdest du schon untersucht?"

Er schüttelte den Kopf. "Wenn die so weitertrödeln, lassen sie mich hier mitten am Gang verbluten."

„Du wirst sicher sofort eine Chefarztbehandlung bekommen, wenn sie hören, wie du dich verletzt hast. Du bist ein Held!“

Zwanzig Minuten später kam der Sanitäter mit einem Arzt. 

"Warum dauert das so lange? Sehen sie nicht, dass ich ein Notfall bin?" 

"Herr Martin, sie sehen sicher, dass das Krankenhaus überlastet ist. Wir tun unser Bestes“, sagte der junge Arzt mit ruhiger Stimme.

"Ja, tun sie das. Aber nicht so schnarrchnasig wie bisher."

Der Arzt inspizierte die Wunde. Er nickte mehrmals. Sein Blick wurde immer ernster. 

"Sie haben Glück. Das ist nicht lebensbedrohlich, muss aber dringend genäht und vorsorglich im CT gescannt werden." 

"Das war ja klar. Gut, dann packen sie es mal an!" 

Der Arzt nickte und musterte den Patienten. Er räusperte sich: "Herr Martin, in unserem Haus greifen gerade sehr strenge Eskalationspläne. Wissen sie, was das Wort Triage bedeutet?“

Der Verletzte schüttelte den Kopf. „Diese Politiker reden ständig davon. Aber das kann man ja nicht ernst nehmen.“

Der Arzt runzelte die Stirn. „Es bedeutet, dass wir nicht jeden behandeln können. Das Protokoll unserer Klinik verlangt, dass ich ihnen einige Fragen stellen muss, bevor ich sie weiter behandeln kann.“

"Fragen Sie, ich habe nicht zu verbergen. Im Gegenteil!" 

"Gut. Erste Frage: Sind Sie geimpft oder genesen?"

Herr Martin blickte den Arzt aus blutverkrusteten Augen an, als habe ihn dieser gerade auf schlimmstmögliche Weise beleidigt. "Das beantworte ich nicht. Das geht sie nichts an."

"Wenn sie hier in diesem Privatkrankenhaus behandelt werden wollen, müssen sie diese Frage beantworten."

"Was ist denn das für ein Nazikrankenhaus? Also gut: Nein, ich bin weder geimpft, noch genesen. Aber ich kann ihnen das einzige entscheidende G gerne nachweisen:“, Herr Martin begann sich in Rage zu reden, „Ich bin gesund! Jedenfalls in dem Sinne, dass ich keine leichte Grippe habe, oder was auch immer sie hören wollen."

"Dann müssen sie sich auf eine Wartezeit von 8 bis 15 Stunden einrichten."

"Wie bitte?" Die Stimme des Patienten wurde lauter. "Warum das denn?" 

"Auf unseren Intensivstationen kämpfen alle verfügbaren Ärzte und Pfleger um das Leben unserer Patienten. Darunter sind einige Polizisten, die schwere Verbrennungen erlitten haben. Sie sehen ja, die Notaufnahme ist voll. Wir müssen priorisieren. Und wir haben uns entschlossen, zunächst allen Geimpften den Vorrang bei Behandlung und Bettenbelegung zu geben."

"Das ist ja eine Frechheit! Ich werde sie anzeigen!" 

"Sie können natürlich ins Kreiskrankenhaus fahren. Das ist nur 25 Kilometer weit weg. Aber dort ist die Lage noch angespannter als hier, weil dort überwiegend die Viruspatienten untergebracht sind."

"Wissen Sie eigentlich , wen Sie hier vor sich haben?", fragte der Begleiter mit sich überschlagender Stimme. 

Der Arzt schüttelte den Kopf. 

"Dieser Mann ist ein Held!“, rief der Begleiter und einige der wartenden Patienten reckten die Köpfe. „Ein Heiliger! Er ist auf die Straße gegangen, um für unsere Grundrechte, für unsere Freiheit zu kämpfen!" 

"Das ahnte ich bereits", murmelte der Arzt. 

"Sehen Sie ihn sich an! Er wurde von der Staatspolizei brutal mit einem Wasserwerfer vom Pferd geschossen! Warum? Weil er einen friedlichen Lichterzug angeführt hat. Er hat dies für seine Freiheit getan. Gegen die diktatorischen Auflagen dieses Staates. Für seine und meine Freiheit. Und“, er schaute den Arzt mit aufgeregten, flackernden Augen an, „und auch für ihre Freiheit!" 

Aus dem Gesicht des Arztes war jegliches Leben entwichen. Müde, schwarz umrandete Augen traten hervor, seine Wangen wirkten nun eingefallen, seine ganze Haltung wirkte, als hätte er seit Tagen nicht mehr geschlafen. Mit einer ruhigen, erklärenden Stimme, die klang, als erklärte ein Vater seinem trotzigem Kind eine wichtige Lektion, sagte er:

"Schauen Sie mich an! Schaue ich frei aus? Ich bin seit Monaten nicht mehr frei!“ sofort kehrte das Leben wieder in seine Mimik zurück und auch seine Stimme wurde lauter. „Wegen, entschuldigen Sie bitte den Ausdruck, egoistischen Gratlern wie ihnen, die sich nicht impfen lassen wollen, keine Masken tragen und sowieso jede Maßnahme des Staates zum Gesundheitsschutz für eine Gängelei halten, habe ich meine Kinder seit Wochen nicht mehr gesehen! Bleiben sie gerne weiter in ihrer egomanisch-fantastischen Parallelwelt. Aber behaupten sie bitte, da flehe ich sie an, bitte nie, nie wieder, dass sie auch nur für einen von uns hier in diesem Krankenhaus auf die Straße gegangen sind. Und da meine ich Personal UND Patienten!" Der Arzt wurde immer lauter. "Und erwarten Sie auf keinen Fall, dass Sie auch nur einen Pfleger aus der Entfernung sehen werden, ehe nicht alle Schwerverletzten dieses Krawalls, jeder solidarisch Geimpfte und jeder, der sich schuldlos mit dem Virus infiziert hat, seine nötige Behandlung bekommen hat!"

"So eine Frechheit! Das lassen wir uns nicht bieten!", schrie Herr Martin. "Sie bringen mich sofort zu ihrem Vorgesetzter. Wer ist der Chefarzt in dieser Klinik?" 

"Das bin ich, Herr Martin", sagte der Arzt. "Das bin ich."

Was denkst du über diesen Ausbruch? um was könnte es im Teil 2 gehen?

Kommentare: 3
  • #3

    G. S. (Samstag, 08 Januar 2022 17:08)

    Teil 1 ist seiner Zeit voraus gewesen. Ich habe ihn schon am 17.12.21gelesen. Also wurde er vor dem 26.12.21 geschrieben, als ein Kleinkind auf einer Demonstration in Schweinfurt verletzt wurde. Meine Hochachtung!

    Und Grüße an Felix: Konstruktive Kriktik würde sicher einen besseren Eindruck hinterlassen.

  • #2

    Chiemgauseiten (Montag, 22 November 2021 12:33)

    Liebe Leser, Kommentare, die auch mit viel Fantasie nichts mit literarischer Kritik zu tun haben, werden hier nicht veröffentlicht. Auch sexuelle Inhalte werden sofort gelöscht.

  • #1

    Felix (Montag, 22 November 2021 00:12)

    Was eine scheiße