Unser Urlaub in Davos - Wie es wirklich war!

So ein Urlaub mit Kindern in Davos ist an und für sich herrlich. Tolle Bergkulisse, Kultur und Kulinaritäten – ideal für Insta-Stories und Hochglanz-Blogbeiträge. So habe ich ihn ja bereits beschrieben. Das hätte ein Tourismusdirektor nicht besser schreiben können, kritisierte unser Gastgeber anschließend. Also muss ich wohl auspacken und erzählen, wie es wirklich war: Von Rührei in der Hotel-Lobby, einem Käsefondue-Exzess und einer überschäumenden Spülmaschine in der Präsidenten-Suite

Wir hatten in erster Linie Angst. Angst, dass wir uns die Schweiz in keinster Weise leisten konnten. Angst, dass wir nach unserem Urlaub in Davos jahrelang nie wieder in Urlaub fahren könnten und wir einen Bausparer auflösen mussten. Aber Jürgen, den wir in der Schweiz besuchen wollten, beruhigte uns: Er würde uns ein günstiges Hotelzimmer besorgen. Etwas erleichtert, füllten wir den gesamten Kofferraum mit heimischen Lebensmitteln auf. Denn eines war sicher: Selbst, wenn wir uns das Hotelzimmer leisten können würden – Essen war dann keines mehr drin. 

So fuhren wir also mit einem mit Essen vollgepackten Auto fröhlich in die Schweiz. Zuvor noch ein letztes Mal in Innsbruck zum McDonalds, denn so schnell würden wir uns kein warmes Essen mehr leisten können. Die Kinder hatten dennoch keinen Hunger und so packten wir das angebrochene Rührei vom Leo zum restlichen Essen dazu.

Das günstige Hotel entpuppte sich als 4-Sterne Hotel in Davos Dorf. Es konnte nicht das schlechteste Hotel im Ort sein, da der Papa von Bastians Schulfreund dort ebenfalls residiert hatte. Und der ist immerhin Olympiasieger. Also war uns klar, dass wir höchstens in einer kleinen Personalkammer übernachten würden und waren schlicht dankbar, hier sein zu dürfen.

 

Im Hotel waren die Schweizer gleich total nett zu uns, obwohl man uns ansehen konnte, dass wir aus einem bescheidenen Land wie Deutschland kamen. Wir bekamen den Schlüssel zu unserer Kammer und fuhren im Lift nach oben in den obersten Stock. Und da begann das Unheil. Unser Hotelzimmer war nicht ausgeschrieben! Erst nach längerem Suchen entdeckten wir, dass rechts ein Aufzug ein Zimmer mit unserer Nummer stand. Dazu ein separates Schüsselloch. Das musste das Penthouse sein. Nur zum Spaß probierten wir aus, ob der Schlüssel passte. Oh mein Gott! Die Aufzugtür ging auf. Natürlich war klar, dass man uns versehentlich den falschen Schlüssel gegeben hatte, aber wir wollten trotzdem einen kurzen Blick hinein werfen! Das Penthouse war herrlich. Riesig, eine Sauna und ein Whirlpool im Schlafzimmer. Eine Dachterrasse mit Blick auf die Berge… „Kinder fasst ja nichts an! Raus mit euch, sofort!“ Ein wenig enttäuscht fuhren wir wieder nach unten und teilten zerknickt mit, dass man uns den falschen Schlüssel gegeben hatte. „Nein! Für Sie wurde die Präsidentensuite gebucht!“

Wir konnten es kaum fassen und fragten vorsichtshalber bei Jürgen an. Der schickte nur einen Smiley zurück. Traumwandlerisch fuhren wir wieder hoch und fielen schreiend und jubelnd in unsere Suite wieder ein. Es war unfassbar, dass wir hier wohnen würden!

Als wir uns ein wenig beruhigt hatten, mussten wir das nächste Projekt bewältigen: Wie würden wir unsere Aldi-Tüte voller Lebensmittel heimlich hier noch oben bringen? Zusammen mit Leo fasste ich einen genialen Plan: Wir packten unsere Badetücher auf die Tüte hinauf und verbargen gleichzeitig das Billig-Logo. So schlichen wir uns ganz unauffällig an der Rezeption vorbei. Auch Leo half beim Tragen. Im Aufzug sah ich, dass auf dem Boden klebrig-goldene Kügelchen lagen. Erst dachte ich mir nichts. Dann sah ich, dass sie aus Leos Tasche fielen. Was war das denn? Zurück im Zimmer verfrachtete ich erst meine Tasche. Dann Leos. Und erst jetzt begriff ich: Das McDonalds-Rührei! Panisch kniete ich im Lift und klaubte all die Rührei-Bröckchen auf. Dann fuhr ich runter. Und fuhr sofort wieder hoch. Die gesamte Lobby war voller Rührei-Krümel, die vermutlich bis zu unserem Kofferraum führten. Ich tat so, als ginge mich das nichts an und schüttelte ob der mangelnden Hygiene in diesem Hotel pikiert den Kopf. (Wie man das halt als Bewohner der Präsidenten-Suite so macht)

Am zweiten Tag in Davos hatten wir uns soweit akklimatisiert, dass wir wussten, dass wir uns tatsächlich nichts leisten konnten, aber die Suite so großartig war, dass wir den ganzen Tag dort verbringen könnten und wir hätten trotzdem den besten Urlaub aller Zeiten erlebt. Die Kinder machten den ganzen Tag über die Nespresso-Maschine Kaffee und Tee für uns. Auch bei Sommertemperaturen gingen wir in die Sauna. Und die Kinder plantschten im Whirlpool. Zu Essen gab es altes Brot und Aufstriche vom dm. Ein glückliches, bescheidenes Leben in Davos.

Am Abend gingen wir mit Jürgen und Carmen zum Essen. Er hatte für uns im Kirchner Stübli des Restaurant Gentiana reserviert. Ich und die Kinder freuten uns auf unser erstes Käsefondue. Leo hatte sich extra eine Krawatte umgebunden und Bastian trug sein „Bürgermeister-Hemd“. Da Jürgen in der Schaumwein-Branche tätig ist, orderte er für uns Erwachsene gleich eine Flasche Laurent Perriere Rosé. Da war ich noch mit der Karte und beim Umrechnen von Franken in Euro beschäftigt. (1:1). Egal, nach dem ersten Glas Champagner waren wir entspannt und beschlossen, so gelassen wie die Schweizer zu sein. Es gab ein großes Käsefondue-Fest und die Brote wurden in Schnaps getunkt und irgendwann noch ein Rotwein geordert und die Kinder schwärmten das sei das beste Essen ihres Lebens.

Ich war schon satt, als noch nicht einmal die Hälfte des Käsefondues gegessen war. Wir aßen und tranken tapfer weiter und die Stimmung am Tisch wurde immer lauter und ausgelassener. Leo redete auf einmal Französisch und es war ein herrlicher Abend. Bis die Rechnung kam. 440 Franken. Ich und meine Frau schauten uns mit käseweißer Gesichtsfarbe an. Jürgen beschwichtigte uns, wir sollten mal ganz cool bleiben und ich verließ mich darauf, dass 440 Franken nicht mehr waren, wie der Schweizer Mindeststundenlohn. 

Als wir nach zweieinhalb Stunden Käsefonduemassaker wie aufgeblähte Käseräder von Davos Platz Richtung Dorf wankten, bemerkte Jürgen, das sei das schnellste Käsefondue seines Lebens gewesen. „Das war schnell?“ Wir hatten andersherum noch nie so lange mit Kindern in einem Restaurant ausgehalten. Zurück im Hotel gab es noch einmal Champagner, wenn schon Dekadenz, dann gescheit und kurz wurde es aber auch ganz ernst. Denn unser Besuch in der Schweiz hatte – unsere Freunde wissen das – auch einen traurigen Hintergrund. 

Dann aber öffnete ich die Spülmaschine und das Lachen kannte keine Grenzen mehr. Denn mir war ein kleines Malheur passiert. Weil ich keine Spültabs gefunden hatte, hatte ich Spülmittel in die Maschine geschüttet. Nö, sollte man nicht machen. Das Ergebnis war eine Schampus-Schaumpartie in der Präsidentensuite. Ja, genau so hatte ich mir meinen Urlaub in Davos in den wüstesten Träumen vorgestellt. 

Die restlichen Tage vergingen wie im Flug und ich habe sie euch bereits in meinem Tourismus-Direktor-Bericht erzählt. Zwei erzieherische Highlights gab es noch mit unseren Kindern: Als diese wieder einmal nach Schoki-Verzehr ein wenig aufgedreht waren und überhaupt nicht auf ihre Erziehungsberechtigten hören wollten, gab es eine zackige Durchsage des Busfahrers. Ihr glaubt nicht, wie brav die Kinder auf einmal die restliche Fahrt über waren. Wir applaudierten laut und taten so, als kannten wir die frechen Kinder nicht. Später planten wir, den Busfahrer als Nanny für zu Hause zu engagieren. Aber wer kann sich schon einen Schweizer Busfahrer leisten?

Letzter Höhepunkt war der Besuch im Kirchner-Museum mit Leo. Die klare Ansage der Frau an der Kasse, Leo dürfe auf keinen Fall laufen und schon gar nichts anfassen, kam durchaus bei Leo an. Schelmisch grinsend bewegte er sich „schnell gehend“ durch die Hallen und näherte sich mit ausgestreckten Händen immer so nah jedem einzelnen Bild, dass sowohl die Museumswärter, als auch der Papa einen halben Herzinfarkt bekamen. Natürlich nicht, ohne die Hand im letzten Moment zurückzuziehen und frech zu grinsen. Es war der kürzeste Museumsbesuch meines Lebens.

„Die Bilder waren eh blöd“, war Leos Fazit.

Als wir nach vier Tagen Schweiz wieder nach Hause fahren mussten, verabschiedeten wir uns recht emotional von unserer Suite. Wir versprachen Jürgen und Carmen, bald wieder zu kommen und beichteten dem Hotel noch, dass sie auf absehbare Zeit lieber nicht die Spülmaschine verwenden sollten. Als wir die Schweizer Grenze passiert hatten, fühlten wir uns sofort wieder reich und wohlhabend. Denn, seien wir uns mal ehrlich, wer braucht schon eine Präsidentensuite, wenn er sich dafür eine Pizza Margherita leisten kann, ohne vorher durchrechnen zu müssen, ob er anschließend in die Privat-Insolvenz gehen muss? Egal, es war ein grandioser Urlaub. Und deshalb nochmal Danke an Jürgen und Carmen, dass sie uns diesen möglich gemacht haben!

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0