Wahrzeichen die man nicht mehr abschlecken sollte

Wer hat schon einmal eine berühmte Sehenswürdigkeit abgeschleckt? Hand hoch! In meiner Lieblingsserie "How I met your mother" gibt es eine Folge, in der sie die Liberty Bell in Philadelphia ablecken. Warum? Weil das zuvor noch nie jemand getan hat und die Nacht dadurch legendär wurde. 

Es gibt ja in unserer Gegend schon einige Sehenswürdigkeiten, die sich lange Zeit für so eine Aktion geeignet hätten. In Traunstein fiele mir da spontan die Papst-Büste ein. Aber das geht ja jetzt auch nicht mehr. Das hätte, nicht erst seit Corona, heute einen eher faden Beigeschmack. Schade eigentlich. Waren wir Bayern doch mal so stolz auf unseren Benedikt. Hätte man vor fünfzehn Jahren eine Umfrage gemacht, wer die größten Bayern aller Zeiten seien, wären in der Top 10 ganz sicher folgende Drei zu finden gewesen: Unser damaliger Papst, dazu Kaiser Franz, also der Beckenbauer. Und garantiert auch Ludwig Thoma. Nach keinem der Drei würde man heute auch nur eine Schule benennen, geschweige denn ihnen eine Ehrenbürgerschaft anbieten, ohne dass es kontroverse Diskussionen und Shitstorms gäbe. Die Verfehlungen aller drei einstigen Volkshelden sind hinreichend bekannt. Spannender bleibt die Frage, wie groß ein Lebenswerk eigentlich sein muss, dass man man trotz Schuld und Sünde doch noch seinen Platz im Bayerischen Olymp behalten darf. Reichen zwei Fußball-Weltmeistertitel? Kann man als Bayer höhere Würden als Kaiser oder Papst erreichen? Wer bleibt eigentlich noch übrig als weißblaues Vorbild und Idol? Ein zweiter bayerischer Papst ist keiner in Aussicht. Unter den Bayerischen Weltmeistern haben wir wenigstens noch den Schweini. Der ist ja auch "Einer von euch!" Also von uns. Und unter den Literaten? Nach wem könnten wir die vielen Ludwig Thoma Schulen und Straßen umbenennen? Schade, dass Schweinsteiger kein Schriftsteller ist. Zumindest ist sein Buch ganz oben in der Spiegel Bestsellerliste. Die einzige Chiemgauer Autorin, die ebenfalls derzeit in der Bestsellerliste zu finden ist, ist Ronja von Rönne. Aber auch wenn die in Berlin für ihre spitze Feder weltberühmt ist, wissen die meisten Bayern gar nicht, dass auch sie „eine von uns“ ist. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis in Traunstein neue Büsten aufgestellt werden. Büsten von echten Vorbildern, die es wieder wert sind, sie in einer legendären Nacht ohne schlechtes Gewissen abzuschlecken.

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