
Alle Jahre wieder verabschiedet sich der Sommer pünktlich am 31. August in seinen verdienten Jahresurlaub. Mit dem September beginnt in den Supermärkten bereits die „Stade Zeit“. Und mit dem aufkommenden abendlichen Herbstnebel kehrt ganz zart die Lust auf den gewohnten Alltag abseits von Strand, Städtereise und Ferien zurück.
Während jenseits des Weißwurstäquators die Schule längst wieder begonnen hat, freut sich ganz Bayern über seine Extrawurst, auch die ersten beiden Septemberwochen noch im trägen Freizeitmodus verbringen zu dürfen. Man muss aber keinen Wurstfetisch haben, um die Septemberferien nur begrenzt entspannend zu finden. Es reicht, wenn man Kinder hat. Und noch dazu Teil einer Lehrerfamilie ist. Wenn die Familie schon volle vier Wochen aufeinander hockt, steigt die Wahrscheinlichkeit des kulminierten Lagerkollers im September .Dann sitzen die Kinder am Nachmittag lethargisch auf der Couch und schimpfen, dass ihnen so unendlich langweilig ist. Obwohl man schon beim Ikea, im Europark und zwei Mal beim Eisessen war. Langeweile ist ja eigentlich etwas Gutes, weil daraus Kreativität entsteht. Das wissen wir pädagogisch geschulte Eltern. Wer es nicht weiß, das sind unsere Kinder. Die beginnen mit fortgeschrittener Langeweile nämlich, entweder miteinander zu rangeln, sich unflätigst zu beschimpfen. Oder sie verwandeln sich wieder in infantile Kleinkinder. So kann es gerne einmal passieren, dass der Nachwuchs, um Langeweile vorzubeugen, zum großen Hausputz angehalten wird. Und während wir Eltern uns tatsächlich schweißtreibenden Putzorgien hingeben, konzentrieren sich die Kinder zunächst darauf, die Faschingskiste im Keller neu zu sortieren. Und während im oberen Stockwerk Staubwedel und Wischtücher glühen, rangeln im Keller irgendwann zwei als Römer und Ritter verkleidete Kleinkinder, die sich – ja - unflätigst beschimpfen. Die Langeweile der einen ist das Leid der anderen. Der Sommer war noch einmal groß. Aber wer jetzt keinen Urlaub mehr hat, der wird sich auch nicht mehr erholen. Ich jedenfalls habe inzwischen genug von Urlaub und Ferien. Ich freue mich schon wieder auf den Beginn der Schule und den Alltag. Freue mich sogar auf die vielen anstehenden Termine. Ich bin nicht urlaubsreif, ich bin endgültig arbeitsreif. Und vielleicht waren dann die Sommerferien doch nicht so verkehrt, wenn man sich so richtig auf das Ende des Urlaubs freut.
Berhard Straßer lebt und schreibt in Traunstein. Auf seiner Homepage teilt er seine Leidenschaft für Literatur, Geschichte und den Chiemgau.
Die Kolumne "Mein Alltag in Weißblau" gibt es alle 2 Wochen in der Hallo Nachbar, den Chiemgauseiten oder der Online in den Salzburger Nachrichten:
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