Nein! Meins! Finger weg! Wenn der kleine die Trotzphase entdeckt

Die Trotzphase. Der Schrecken aller Eltern. Die bange Frage: Wie lange dauert die Trotzphase? Hört die wieder auf? Wie verhält man sich während der Trotzphase? Autoritär? Laissez- Faire? Selbst gelassene Eltern verdrehen die Augen, wenn sich Kinder auf dem Supermarktboden wälzen. Und fast zweieinhalb Jahre lang dachten wir, sowas passiert nur den anderen Eltern…

Unser Kind ist nicht mehr dasselbe. Er spürt, er ist kein Baby mehr. Er weiß, im Bauch der Mama wächst ein Brüderchen und es setzt Schimpfe, wenn er sich zu wild dem Brüderchen nähert. Da auch erste Gegenstände in der Wohnung besitzlich dem Brüderchen zugesprochen sind, hat unser Kind ein erstes Mal auch ein Verständnis von Besitztum und Neid entwickelt. Hinzu kommt, dass er in der Kinderkrippe inzwischen zu den erfahreneren Krippenkindern gehört, aber er durch zahlreiche Neue weder zu den Älteren gehört, noch, wie im letzten Jahr, er als der Jüngste der Liebling der Erzieherinnen ist. Der harte Kampf um Aufmerksamkeit hat begonnen.

Wenn es unserem Kind nicht gut geht, kann man dies anhand der Zahl der Buppis, die er zum Kuscheln braucht, gut messen. In letzter Zeit hatten wir schon mal 4 Buppis + 1 Kasperl. Zu den Kuschelbuppis sind zuletzt aber zwei Taschenrechner hinzugekommen, die sogar den Alana Püppchen langsam den Rang ablaufen. Für diese Taschenrechner hat er ein sehr resolutes Besitzdenken entwickelt – und nun spannen wir den Bogen also wieder zur Trotzphase:

Man stelle sich nun vor, dass das Kind, mit zwei Taschenrechnern und zwei Buppis in der Hand, die zwei Stockwerke umspannende Treppe im Haus zu meistern hat. Die Mama kann ihn schwangerschaftsbedingt nicht tragen. Das Kind kann noch nicht Treppensteigen, ohne sich am Geländer festzuhalten. Dies geht wiederum nicht, wenn man zwei Taschenrechner und zwei Buppis in den Händen hält.

Nach ca. 3 Minuten rhetorischem Zureden, wird das Kind lauter. „Nein!“. „Bastian, du musst jetzt Treppensteigen.“ „NEIN! NEIN!“

Man nimmt dem Kind also den Taschenrechner aus der Hand. „NEEEEEEEIN! Bastians Daschnbecha! Meina!“ Als das Geschrei eine Weltuntergangslautstärke erreicht, die Nachbarn kennen das, muss also doch der Papa kommen, den Junior am Schlawittchen packen und nach unten tragen.

Was nun aber tun, wenn sich das Kind einbildet, auch das Auto zu besitzen? Wenn er unbedingt vorne sitzen will und sich hinten während der Fahrt ständig abschnallt und es gar nicht lustig findet, dass der Papa sein Auto fährt und nicht er selbst?

Wie geht man damit um, wenn das Kind auswärts zuckersüß auftritt und zu Hause das Revier markiert, indem er den Gastkindern sämtliches Spielzeug abnimmt und wütend quer durch die Wohnung schleudert? Wie sollen Eltern reagieren, wenn man dem Kind die Autoschlüssel wegnimmt und minutenlang Sturzbäche fließen und Schluchzer durch das Haus hallen?

Die gängigen Ratgeber versuchen, die Eltern zu beruhigen: Die Trotzphase ist wichtig, sogar essentiell für die Entwicklung eines Kindes. Ein Kind will naturgemäß nicht in seinem Spieltrieb unterbrochen werden. Geschieht es doch, weil die Eltern das Spiel nicht gutheißen, dann ist es normal, wenn das Kind wütend ist, schimpft und tobt. Diesen Teil müssen die Eltern nun aushalten. Es wird empfohlen, zwar beim Kind zu bleiben, das Kind aber nicht zu trösten, weil sonst der Tobsuchtsanfall nur verlängert wird. Gibt man nach, merkt sich dies das Kind natürlich und wird das Wüten künftig als Strategie verwenden. Blöd nur, wenn dieser Tobsuchtsanfall gerade im Supermarkt passiert. Man kann sich konträr lautender pädagogischer Supertipps wildfremder Menschen sicher sein.

Für das Kind ist das Wüten ein Teil des Lernprozesses, was richtig ist und was falsch.

Auch die Eltern lernen: Sie lernen viel über ihr derzeitiges Nervenkostüm. Unseres ist sehr dünn derzeit. Wie geht’s Euch? Wer hat die Trotzphase schon überwunden?

Kommentar schreiben

Kommentare: 0