Die ersten drei Wochen (Wirtshaus Version)

Das Elterntagebuch hatte letzte Woche seinen ersten öffentlichen Auftritt: Am ruasigen Freitag wurde im Wirtshaus Lauter "vorglesn und aufgspeit". Da sich das Elterntagebuch live dann doch ein wenig anders anhörte, als auf dem Papier, möchte ich Euch folgende Wirtshaus-Version nicht vorenthalten:

Seit drei Wochen nun schon sind wir zu viert, die Nächte lang, die Tage noch länger und die Hoffnung, dass es eines Tages wieder besser wird: Unendlich!

Als ich vor Jahren mal eine Mama interessenshalber fragte, wie das denn so sei, mit zwei Kindern, meinte sie mit ernster Stimme: Jeder Tag ist ein Kampf um das Überleben der Familie. 

Aha, das müsste doch machbar sein, dachte ich mir und dankte für die lustige Antwort. Heute weiß ich: Das war nicht lustig gemeint.

Drei Wochen. Die ersten zwei Wochen schlief der Ältere, der Sebastian nicht mehr. Besser gesagt: Nicht mehr allein, nicht mehr ohne Licht, nicht mehr ohne Buppi, ohne Diezi, ohne Bagger, nicht mehr, ohne zwei Stunden Geschrei. Jetzt, da sich das gebessert hat, schläft das Baby, der Leonard nicht mehr. Man müsste ihn die ganze Nacht durch stillen, damit der Papa in Ruhe schlafen kann. Aber die Mama will sich darauf irgendwie nicht einlassen. So muss der Hupfball ran, das scheint das einzige zu sein was den Kleinen beruhigt: Er auf Papas Arm, Papa auf dem Hüpfball. 

Jaja, der Papa und das Baby: Bonding nennt man es auf Neudeutsch, wenn sich eine tiefere Bindung zwischen Kind und Elternteil einstellt.

Mein Bonding hatte ich an einem Badetag, als ich den windellosen Kleinen auf dem Schoß hielt, mich zeitgleich mühte, das Badewasser auf Kinderbadtemperatur zu senken, während Dompteurin  Mama mit Mühe versuchte, den wildgewordenen, schrill kreischenden Sebastian zu bändigen. Während sich dieser in strampelnden Ringerbewegungen gegen das bevorstehende Bad wehrt, wird es auf meinem Schenkel auf einmal angenehm warm. "Ich glaube, er hat mich gerade angebieselt", sage ich und hebe das Baby hoch, ohne nach unten zu schauen. Die Mama grinst, schüttelt den Kopf und sagt: "Nein. Ich fürchte, gebieselt hat er nicht." Nach Minuten des Chaos sind meine Hose, diverse Handtücher, der Boden und das halbe Inventar des Badezimmers hellbraun verschmiert und alle Kinder samt Papa bekommen ein ausgiebiges Bad verordnet.

Eine Lappalie dem gegenüber ist das traditionelle "um vier Uhr morgens angebieselt zu werden". Der Papa wickelt im Halbschlaf das Baby. Erst wird es an den Händen warm, dann am Schlafanzug. Das Baby selbst ist ebenfalls von unten bis oben angebieselt und während der Papa schlaftrunken überlegt, ob er sich selber angebieselt hat, begreift er langsam das Ausmaß der Windelwechselkatastrophe. 

Noch ein Beispiel? 

9:50 Uhr: Papa wickelt Leonard. Bis 9:52 Uhr unproblematisch, dann wieder Bieselfontäne. Der Papa sucht verzweifelt ein Tuch, um den Strahl zu stoppen. Zu spät, das Baby zielt genau auf die Hose. 

Um 9:53 Uhr ist der Strahl endlich fachmännisch per Taschentuch gestoppt. Als der Papa das Tuch wieder wegnimmt, setzt der Strahl sofort dort an, wo er aufgehört hat. Diesmal in hohem Bogen auf den Parkettboden. 

9:54 Uhr: Während der Papa den Boden wischt, kracht etwas dumpf auf der Wickelkommode. Das Holz ist es nicht. Das ist heil, aber die gesamte Wickelauflage rings um den blanken Babypop hat sich gelbbräunlich eingefärbt.

9:59 Uhr: Das andere Kind brüllt: „Bastian auch wickäääln!“ 

10:01 Uhr: Sebastian wird gewickelt. Auch er hat in Sachen Windelinhalt einen neuen Rekord aufgestellt, sowohl an Masse, als auch an Farbe. Und vom Duft rede ich erst gar nicht. Was essen unsere Kinder bloß? 

10:10 Uhr: Der Papa wiegt erschöpft Leonard auf dem Schoß. Wieder mehrere, sich in Klangfarbe und Lautstärke überbietende Explosionen in der Windel. 

10:11 Uhr: Der Papa steht erneut an der Wickelkommode und überschlägt, ob sich das Kindergeld auch nur ansatzweise mit den Kosten für Windeln und Reinigungskosten für Möbeln und Kleidung deckt…

Reden wir abschließend noch über Suppen: Sebastian findet es seit Neuestem lustig, Suppenteller umzudrehen. So geschehen bei unserem persönlichem Galadinner an Silvester. Und, sein bisheriges Meisterstück, gestern: Der Aktionskünstler in Sachen Suppentellerumdrehen benutzte diesmal: Kürbissuppe. 

Ein Tipp noch: Nie einen Teppich unter den Esstisch stellen, wenn man einen Suppentellerumdrehkünstler zu Hause hat.

Das Entsorgen eines gelblich – orange gefärbten Ikea-Teppichs kostet beim Schaumaier übrigens 3 EUR. 

Wenn er keine Suppenteller umdreht, kann unser Bastian, der in der Kinderkrippe komischerweise "unser Bazi" genannt wird, auch zuckersüß sein: Er singt dann dem Baby zum Einschlafen "FC Bayern, Stern des Südens" vor und tätschelt die übermüdeten Eltern: "Papa, Mama, Alles wird gut!"

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