Ein erstes Mal auf einer Hochzeit mit zwei Kindern

Eine Hochzeit ist der schönste Tag im Leben eines Brautpaares. Aber auch als Gast hegt man eine kleine Hoffnung, dass eine Hochzeit einer der schönsten Tage zumindest in dieser Woche werden könnte. Deshalb stellte sich auch für uns jedes Mal wieder die Frage: Mit oder ohne Kinder hingehen? Die letzten Hochzeiten war dies keine Frage: Mit Kinder? Niemals!!! Diesmal haben wir die Kinder mitgenommen. Und es war trotz der einen oder anderen Widrigkeit wundervoll!

Als superkitschige Vorzeige-Familie in Tracht marschierten wir in die Kirche ein. Leider konnten wir dieses Bild nicht lange aufrecht halten. Schon nach wenigen Minuten stöhnte Loni so laut, dass es die ganze Kirche hören konnte: „Mir ist so wangweiwig!“ Ich versuchte, die Situation zu entspannen, indem ich ihn auf die vielen schönen Statuen in der Obinger Kirche hinwies. Blöder Fehler. Kurz danach fragte er ganz laut: „Warum blutet der Mann?“ „Das ist doch der Jesus“, flüsterte ich. Loni überlegt eine Weile. „Wer ist Jesus?“ Kurz glaubte ich, dass der Pfarrer mich ungläubig anschaute. Mist, ich hätte mich wohl doch um die christliche Früherziehung meines Jüngsten kümmern müssen.

Als eine wunderschöne bayerische Version von Leonard Coens „Hallelujah“ erklang, murrte Loni: „Ich mag ein anderes Lied. Ich will Ding Dong hören!“ Leider hatte der Chor EAV nicht im Repertoire.

Der Rest der Trauung verlief beinahe unauffällig. Sieht man davon ab, dass kurz vor dem Ja-Wort Bastian den Kopf von Loni packte und diesen laut krachend gegen die Sitzbank knallte. In die darauf folgende Stille der Hochzeitsgesellschaft platzte ein sattes „Spinnts ihr denn jetzt völlig?“ vom Papa. „Ja!“, sagte das Brautpaar.

Zu Beginn der Hochzeitsfeier saßen zwei Familien mit insgesamt vier Kindern und zwei Kolleginnen vom Jugendamt mit am Tisch. Zwei Stunden später war der Tisch ein Schlachtfeld. Pommesreste und Schokoladenflecken soweit das Auge reichte. Es saßen nun nur noch zwei Familien am Tisch. Die beiden jungen Frauen hatten sich weggesetzt und haben ihre potentiellen Familienplanungen forever auf Eis gelegt. „Komisch, als sie von den Kindern mit Schokoladenkuchen beworfen wurden, sind sie gegangen“, sagte der andere Familienvater grinsend.

Am späten Nachmittag gab es das traditionelle Weinstüberl. Nun muss man folgende Vorgeschichte wissen: Die Braut fand den kleinen Bastian damals so süß, dass wir ihr einmal in weinseliger Laune versprachen, dass sie ihn in zwanzig Jahren heiraten könne, falls sie – die damals noch Singe war - bis dahin keinen gefunden hätte.

Zwar war nun ein anderer dazwischen gegrätscht, aber Bastian ließ sich davon nicht beeindrucken. Das gesamte Weinstüberl über weichte Bastian der Braut nicht von der Seite. Zunächst nur ein wenig verwundert, was für eine Partymaus in meinem Ältesten steckte, dachte ich mir zunächst nicht viel dabei, als er neben der Braut auf der Bierbank stand und zu Spider Murphy Gang in die Hände klatschte. Nachdem ich mit Loni, dem das wilde Geschunkel zu laut war, nach einer Stunde auf dem Spielplatz zurückkehrte, tanzte Bastian immer noch mit der Braut. Und da begann ich mir so meine Gedanken zu machen.

Woher er die Energie nahm, fand ich schnell heraus: Was für die Erwachsenen der Wein, das ist beim Weinstüberl für die Kinder die Schokolade. Aus voll gefüllten Körben griffen sich die Kleinen einen Schokoriegel nach dem anderen. Der Zuckerschock führte dazu, dass die Kinder bald genau so ekstatisch zu Andreas Gabalier tanzten, wie die Erwachsenen. Und nicht nur einmal fiel, ob der vielen Kinder im Weinstüberl, der Witz, ob denn das Jugendamt Bescheid wüsste. Wusste es. Es hatte die Braut entführt und insgesamt 25 Flaschen Wein ausgehandelt…

Mir selber jagte weniger der Zuckerschock Angst und Schrecken ein, denn die Schokoladenfinger meiner Kinder. Besonders bei Bastian war ich mir bald sicher, dass sich im Laufe des Weinstüberls ein brauner Handabdruck auf dem Kleid der Braut finden würde.

Nach dem Weinstüberl bauten die Kinder mit ihrem neuen Freund Noah eine Sperre am Notausgang und schauten zu später Stunde, mit halb zufallenden Augen am Boden liegend, selig der Band zu.

 

 

Die Kinder -und auch der nüchterne Papa, der sich zum Fahrer erklärt hatte – hielten fast bis um zehn durch. Dann wurden die Kinder in Schlafanzüge gepackt und ins Auto verfrachtet. Doch zuvor musste sich Bastian noch von der Braut verabschieden. Am nächsten Tag habe ich ihn gefragt, ob er schon weiß, dass eine Hochzeit der wichtigste Tag im Leben der Braut ist – und er wahrscheinlich auf jedem Foto neben ihr zu sehen sein wird? Bastian nickte grinsend. „Sie ist ja auch meine beste Freundin“, behauptete der alte Charmeur…

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