Das Elterntagebuch hat ja schon einiges erlebt in den letzten fünf Jahren: Es hatte einen Auftritt im Kindergarten, wurde von Bambini Chiemgau interviewed, ist als Buch erschienen. Und jetzt kam noch eine ganz besondere Überraschung dazu: Meine Nichte Bianca hat das Elterntagebuch für ihr Referat ausgewählt und ich wurde gleich mit eingeladen, die Klasse 4b der Grundschule Fridolfing zu besuchen.
Während die anderen Kinder Bücher wie Greg's Tagebuch, Das geheimnisvolle Baumhaus oder sämtliche Pferdebücher verschlingen, setzte sich Bianca in den Kopf, das Buch ihres Onkels zu lesen. Das hat mich natürlich wahnsinnig gefreut. Aber gleichzeitig wuchs in mir die Skepsis: Ist das Elterntagebuch überhaupt jugendfrei? Geschweige denn kinderfrei?
Ohne Übertreibung kann ich behaupten, dass ich nervös war wie am ersten Schultag, als ich in der Klasse von Frau Mühlbacher ganz hinten sass und auf Frau Mühlbacher und den Gong wartete. Zuvor war ich von einer ganzen Traube neugieriger Schüler umringt die wissen wollten, wer der fremde Mann ist. "Der ist aber oft durchgefallen", tuschelte einer der Jungs. Jedenfalls schaute es lustig aus, in einem Stuhl für Viertklässler zu sitzen. Um ein Haar wäre ich drin steckengeblieben. Zukünftig lieber weniger Knödel essen.
Bianca stellte das Buch vor und ließ die ganze Klasse wissen, dass der Autor "Fast vierzig Jahre alt ist!" Wenn man das heute schon in der Schule lernt, dann stimmt es wohl.
Bianca war es sogar gelungen ein Kapitel zu finden, in dem sie selbst vorkam. Und genau das las sie vergnüglich vor. Dabei kamen Themen wie Schwangerschaftstests vor und ich war mir nicht mehr sicher, wie kindgerecht das Vorgelesene ist. Vermutlich gar nicht, aber genau das fanden die Kinder lustig. Als zweites las sie den Brief von Bastian Schweinsteiger an den kleinen Bastian vor. Der war natürlich erfunden. Aber die ganze Klasse lachte und ich freute mich, dass das Elterntagebuch also auch Kinder lustig finden.
Zum Ende des Referats fragte Frau Mühlbacher, ob Bianca denn einen Gegenstand mitgebracht hatte, der zum Buch passte. Bianca schaute verdutzt und zeigte auf mich. "Reicht das nicht?", fragte sie empört. Wieder lacht die ganze Klasse.
"Aber dein Onkel ist doch kein Gegenstand", korrigiert Frau Mühlbacher. Da hat sie recht!!! "Fällt dir kein GEGENSTAND ein, der im Buch vorkommt?" Innerlich räuspere ich mich und murmle: "Hätte Bianca halt was gesagt, dann hätte ich ihr den gebrauchten Schwangerschaftstest mitgegeben..." Aber Bianca hat dann doch eine bessere Idee. Ihre Augen beginnen zu leuchten und sie ruft: "Eine Windel! Eine vollgekaggelte Windel!" Und in dem Moment ist Frau Mühlbacher richtig froh, dass Bianca diesen Gegenstand NICHT mitgebracht hat.
Anschließend dürfen die Schülerinnern und Schüler der 4b Fragen an den Autor stellen.
Die erste Frage natürlich - wie auch auf sämtlichen Lesungen für Erwachsene die ich bisher gegeben habe: "Herr Straßer, ist Ihnen das alles ECHT passiert?" Und diesmal kann ich, ohne mit der Wimper zu zucken, bestätigen: "Ja! Das ist mir alles passiert."
Und dann läuft die Fragerunde in eine überraschende Richtung. Die Kinder interessieren sich für einen Aspekt, den die Erwachsenenwelt bisher in keinster Weise zu würdigen wusste: "Wie viele Seiten haben denn Ihre Bücher insgesamt?" Wir überschlagen: Elterntagebuch 120 Seiten, Kleinstadtrebellen 250 Seiten, Sterne sieht man nur bei Nacht knapp 500 Seiten. Und auf einmal verwandelt sich die Deutschstunde in eine Mathestunde. "Wie viel ist das insgesamt? Rechnet doch mal!", fordert Frau Mühlbacher auf. Wir einigen uns auf "Knapp 1000 Seiten!" Bei dieser Zahl blicke ich auf einmal in offene Münder und staunende Gesichter. Einer der Jungs fängt sich als erstes: "Tausend Seiten! Die haben Sie aber nicht mit der Hand geschrieben, oder?" "Nein, am Computer." Erleichtertes Nicken in den Bankreihen. Tausend Seiten mit der Hand wären in der Tat schon ein wenig übertrieben gewesen.
Am Schluss räusperte sich noch einer der coolen Jungs und sagte auf gut bayerisch: "Des hört sich gut an! Des Buch kauf ich mir!"
Wenigstens für mich hat sich Biancas Referat also gelohnt. Vielen Dank deshalb an Bianca, dass sie sich die Mühe gemacht hat, mein Buch für ihr Referat auszusuchen. Und vielen Dank an die Klasse 4b und Frau Mühlbacher für die schöne Schulstunde!
Kommentar schreiben