Unsere Kinder und der Umgang mit Medien im Lockdown

Die Bildschirmzeiten sind im Lockdown enorm gestiegen.
Die Bildschirmzeiten sind im Lockdown enorm gestiegen.

Eine der ersten Folgen der Coronakrise und des Lockdowns waren die in die Höhe schnellenden Bildschirm-Zeiten der Kinder. Ob ich das bestätigen kann? Ich sag mal so: Am Samstag sprang unser Langschläfer bereits um Halb Acht hellwach aus dem Bett, flitzte in einer Geschwindigkeit, die er nicht einmal im Leichtathletik-Training gezeigt hatte, nach unten und… Und öffnete das Tablet, um zu checken, wie viele Likes er für sein gestern in der Lern-App Anton erstelltes Bild bekommen hatte.

Kann man mal machen. Vor allem, weil Grundschüler klassischerweise ihre Likes über Nacht vergeben. Was ich damit sagen will: Ausgerechnet die von mir als Lockdown-Retter gepriesene Lern-App Anton sorgt nun dafür, dass meine Kinder nicht nur unfassbare Bildschirm-Zeiten mit Medien anhäufen, sondern auch noch in die Social-Media-Falle des Likes-Sammelns getrieben werden.

Die Kinder und die Medien in Zeiten des Corona-Lockdowns. Eine unendliche Geschichte. Ja, die Bildschirm-Zeiten haben sich stark erhöht. Spätestens seit dem 2. Lockdown beherrscht unser Kind nun die Funktionen des Windows-Notebooks. Das Videokonferenz-Programm Jitsymeet sowieso. Das bereits genannte Anton war anfangs das beliebteste Medium – sowohl bei Eltern als auch bei Kindern. Die Kinder hatten die Illusion, auf dem Tablet spielen zu dürfen. Und wir Eltern hatten die Illusion, dass die Kinder gerade lernten. Sicher, das taten sie auch eine Weile. Das Programm „Anton“ ist aber so aufgebaut, dass für erfolgreich absolvierte Aufgaben Münzen erspielt werden. Und mit diesen Münzen kann man im Anschluss Spiele spielen. Eigentlich eine geniale Idee. Eines dieser Spiele ist aber das Programm „Pixel Paint“. Ein mega-simples Malprogramm. Super Sache. Bis auf diese Geschichte mit den Likes. Die Bilder werden nämlich im sozialen Anton-Netzwerk gespeichert und können geliked werden. Und wenn Kinder mitten in der Früh aus dem Bett springen, um ihre Likes zu checken, ist die künftige Instagram Influencer-Karriere (oder -Sucht) schon vorgezeichnet.

 

Hinzu kommen noch die klassischen Medien. Da wir Eltern ja nebenbei auch noch unsererseits Home-Office zu bewerkstelligen haben und es bei meinen Telefonaten mit dem Schulrat nicht immer cool kommt, wenn sich ein zeterndes Kind beschwert, dass es die Hausaufgaben nicht kapiert, dürfen die Kinder überdurchschnittlich viel Fernsehen. Natürlich müssen sie sich das Fernsehen erst verdienen. Aber – hey, so ein Lockdown Tag ist verdammt lang und bietet sehr viel Gelegenheiten, sich Fernsehen zu verdienen.

Immerhin: Hier die analoge Version von "Super Mario Party" - gebastelt im Kindergarten.
Immerhin: Hier die analoge Version von "Super Mario Party" - gebastelt im Kindergarten.

Wobei sich die nächste Frage auftut: Wie definiert man „Fernsehen“? Das klassische Fernseher an und auf ORF 1 den Kasperl anschauen – das gibt es heute nicht mehr. Fernsehen ist heute gleichbedeutend mit „Netflix“ schauen. Lieblingsserien aktuell: Lego Ninjago beim Achtjährigen und Paw Patrol Mighty Pups beim Sechsjährigen. Aber auch das nur aufgrund des Retro-Einflusses der streng konservativen Eltern. Ginge es nach dem Großen würde er den ganzen Tag auf Youtube die Minecraft Videos von Ben und Elina anschauen. Wobei wir beim nächsten Medium wären: Zum Glück macht den Kindern das Minecraft spielen auf der Playstation wesentlich weniger Spaß, als Ben und Elina auf Youtube zuzuschauen. Gut oder schlecht? Lieber aktiv spielen denn passiv berieseln lassen? Ich weiß es nicht.

Gleichzeitig haben wir vesucht, mit der Nintendo Switch, die das Christkindl gebracht hat, ab und an einen gemeinsamen Mario-Party-Spieleabend zu gestalten. Diese endeten stets mit mindestens einem weinenden Mitspieler, der nicht auf Rang 1 gelandet war. Medienkompetenz also noch ausbaubar.

Problem bei der ganzen Mediennutzung bleibt, dass unsere Kinder nach eine Stunde Bildschirmzeit (die natürlich viel zu lang ist) gefühlt eine weitere Stunde brauchen, um wieder ansprechbare Teilnehmer unserer gemeinsamen Realität zu werden. So schön ruhig die Stunde Medienzeit der Kinder ist, so anstrengend ist es, die folgende mit ihnen auszuhalten.

Meist hagelt es in dieser Zeit saftige Schimpfe und deftige Strafen wie: „Zwei Tage Medienverbot!“

Meist kommt dann der Satz: „Aber was sollen wir dann die ganze Zeit tun? Mir ist sooooo langweilig!“

Bullshit-Bingo-Antwort der Eltern:

„Geht doch nach draußen zum Spielen!“

„Räum doch die Spülmaschine aus! Was würde ich geben, wäre mir nur ein einziges Mal wieder langweilig!“

„Warum spielst du nicht Klavier?“

„Lies doch ein Buch!“

 

Antwort: „Papa, Bücher sind auch Medien! Und ich hab doch Medienverbot!“

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