Zirkus Corona Tag 22 – Endlich Ferien!

 

Die ersten drei Wochen im Zirkus Corona sind tatsächlich rum. Wer hätte das gedacht, dass wir diesen Wahnsinn halbwegs gut überstehen? Sicher, es ist noch lange nicht vorbei. Aber zumindest über eines können wir uns die nächsten zwei Wochen nicht mehr beschweren: Dass die hohe Verantwortung der Beschulung unserer Kinder auf uns Eltern abgewälzt wird. Denn das, was wir die nächsten zwei Wochen erleben werden, sowas nannte man früher ganz offiziell „Ferien!“

 

 

Endlich können wir uns mal so richtig Zeit für unsere Kinder nehmen! Endlich können wir mit ihnen in Ruhe zu Hause Brettspiele spielen, basteln, vielleicht sogar Abends ausnahmsweise gemeinsam Fernsehen! Ach so, das haben wir die letzten drei Wochen schon bis zum Umfallen zelebriert? Wie wäre es dann, mal wieder Oma und Opa, Familie und Verwandtschaft besuchen? Die hat man so lange nicht gesehen, dass sie einem schon richtig abgehen! Wie bitte? Geht nicht? Stimmt, da war ja was. Aber immerhin das Home-Schooling fällt die nächsten zwei Wochen weg! Wie bitte? Unser Kind hat so viele Aufgaben noch nicht geschafft, dass wir auch die nächsten zwei Wochen noch gut beschäftigt sind? Verdammt!

 

Die Lage in Traunstein aktuell: 385 Infizierte. 52 davon in krankenhäuslicher Behandlung, 11 auf Intensiv. Das Stadtbild verändert sich merklich. Immer mehr Maskenträger sind auf der Straße zu sehen. Da kann Merkel die selbstgeschneiderten Masken noch so gerne „Virenschleuder“ nennen, es spricht sich langsam rum, dass das Tragen einer Maske andere schützen kann.

 

Viele Hobby-Schneider/innen lassen derzeit die Nähmaschinen glühen und produzieren Masken für die Bevölkerung. Eine davon ist Frau Boll. Sie war vor über 10 Jahren die zweite Chefin des Traunsteiner Arbeitsamtes. Heute traf ich sie in einem ungenutzten Besprechungsraum im Amt. Obwohl sie seit langer Zeit im Ruhestand ist und eigentlich zur Risikogruppe gehört, werkt sie hier seit Tagen an ihrer mitgebrachten Nähmaschine an Masken für die Mitarbeiter. Sie verarbeitet dabei mitgebrachte Oberhemden zu modischen Gesichtsmasken. Stolz erzählte sie heute, wie sie als junge Frau in Nordhorn das Schneidern von Kleidern erlernt hatte und wie froh es sie macht, dass dieses Handwerk heute noch einmal so dringend benötigt wird.

 

Seit einigen Tagen helfen wir Berufsberater aus, dass die Kurzarbeitergeld-Anträge in die elektronische Akte eingepflegt wird. Ab nächster Woche werde ich in der Bearbeitung von Kurzarbeitergeld-Anträgen geschult. Diese Woche hatte ich meine erste Schulung via Skype-Konferenz im Home-Office. Weiterhin unfassbar, wie sich die Welt, meine Arbeit innerhalb der letzten drei Wochen verändert hat. Aber ich habe einen Job, einen krisenfesten noch dazu und ich bin unendlich dankbar dafür.

 

Gegen den täglichen Lagerkoller half zuletzt das schöne Wetter. Die Kinder gehen inzwischen sogar wieder freiwillig nach draußen. Gegen die Einsamkeit und das Fehlen von gleichaltrigen Spielkameraden haben wir ein kleines Gegenmittel gefunden: Unsere Hasen! Letztens lugte ich während dem Home-Office nach draußen, um zu schauen, was die Kinder gerade trieben. Sie lagen beide im Hasengehege und spielten mit ihren neuen besten Freunden. Ob sie spielten, dass sie alle Hasen sind, oder dass die Hasen ihre Kinder sind, war nicht zu eruieren.

 

Einen anderen Rollentausch machten wir heute beim Abendessen. Die Kinder durften die Eltern sein. Zwar wollten die „Eltern“ ganz viel Cola trinken und freuten sich bereits, bis spät  in der Nachts Fernsehen zu dürfen. Vom Tisch abräumen und Küche putzen wollten sie allerdings nichts wissen. Irgendwann erklärte uns Bastian:

„Eigentlich will ich keine Kinder haben. Aber wenn ich welche habe, sorge ich dafür, dass sie eine glückliche Kindheitszeit haben.“

„Aha“, fragten wir. „Und wie macht man das so – für eine glückliche Kindheitszeit sorgen?“

„Ich würde ihnen jeden Tag Ninjago Sachen schenken und jeden Tag mit ihnen spielen. Und wenn sie zwei Wochen brav waren, auch was Großes. Wie das Ninjago Segelschiff. Und eine Spielkonsole!“

 

Während ich diese Zeilen aufschreibe, Geschrei aus dem Kinderzimmer. Der Leo hat trotz Dutzender Aufforderungen nicht einmal begonnen, sein Zimmer aufzuräumen. Statt einen Fernseh-Gutschein zu bekommen, wurde ihm gerade die Legokiste konfisziert. Was war das? Hat der die Mama gerade „Doofkopp“ genannt? Ich muss jetzt aufhören. Ich fürchte, das wird noch ein langer Abend…

Das Corona-Elterntagebuch komplett nachlesen:

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